Was ist Systemische Therapie?
Systemische Therapie versteht psychische Symptome nicht als individuelle Störung, sondern als Ausdruck eines größeren Zusammenhangs. Der Mensch wird als Teil von Beziehungssystemen gesehen – sei es in der Familie, im Freundeskreis, am Arbeitsplatz oder im gesellschaftlichen Kontext. Probleme entstehen nicht isoliert, sondern im Zusammenspiel mit anderen, oft durch wiederkehrende Muster, blinde Flecken und unausgesprochene Erwartungen.
Dabei richtet sich der Blick nicht nur auf das persönliche Umfeld, sondern auch auf gesellschaftliche Narrative, die mitbestimmen, was als normal, erfolgreich oder gesund gilt. Systemisches Denken lädt dazu ein, diese Geschichten zu hinterfragen: Welche Stimmen werden gehört und welche nicht? Welche Bilder von Beziehung, Leistung oder Identität prägen unser Handeln, oft ohne dass wir es merken? Und was verändert sich, wenn wir beginnen, diese Bilder bewusst zu hinterfragen?
Therapie bedeutet dann, den Blick zu weiten, neue Fragen zu stellen und die eigene Geschichte in einem anderen Licht zu sehen. Der Therapeut ist dabei nicht der neutrale Experte, sondern ein mitdenkender Impulsgeber, der hilft, Dynamiken sichtbar zu machen und neue Handlungsspielräume zu eröffnen. Methoden wie zirkuläre Fragen, Metaphern oder Refraiming unterstützen dabei, festgefahrene Muster zu lösen und Ressourcen neu zu entdecken.
Systemische Therapie ist ein kritischer, dialogischer und kreativer Ansatz. Sie will nicht nur unterstützen und stabilisieren, sondern auch Irritation zulassen, Widersprüche sichtbar machen und zu mehr Selbstverantwortung ermutigen. Manchmal beginnt Veränderung genau dort, wo wir aufhören, alles für gegeben zu halten.